Es hat lange gedauert, aber am 13. Oktober 2013 war es soweit: Führende Sexarbeiter gründeten den Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) in Köln. Zum ersten Mal verfügen die Sexarbeiter über eine Institution, die sich ihrem Anliegen verschrieben hat – und von ihnen selbst verwaltet wird. Ziel des BesD ist, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Prostituierten in der Bundesrepublik zu verbessern.
Obwohl Deutschland eines der liberalsten Prostitutionsgesetze der Welt hat, liegt vieles im Argen. “Durch unsere Öffentlichkeitsarbeit möchten wir über die Mythen, die sich um das Thema Sexarbeit ranken, aufklären,” sagt Undine de Rivière, Pressesprechin des BesD. Besonders störend und hindernd finden die Sexarbeiter die allgemein verbreitete Ansicht, daß niemand freiwillig die Sexarbeit wählt. Insbesondere im Escort-Bereich liegt eine hohe Selbstbestimmung vor. Der BesD möchte ein realistisches Bild der Sexarbeit als professionelle Dienstleitung vermitteln und sicherstellen, daß Prostituierte geschützt und nicht gehindert werden.
Eines der Ziele des Verbandes ist es, von den Gesetzgebern bei der aktuellen Diskussion um die Reform des Prostitutionsgesetzes als offizielles Organ der Sexarbeiter gehört zu werden. Die Diskussion birgt derzeit die Gefahr konservativen Rückschritts. Laut Undine de Rivière gibt es zur Zeit eine “unheilige Allianz von aus konservativen und radikalfeministischen prostitutionsfeindlichen Kräften, die sich in diesem Punkt zusammengeschlossen hat.” Besonders bedrohlich empfindet der BesD die Pläne einer Zwangsregistrierung. De Rivière: “Eine solche polizeiliche Erfassung hat es zuletzt in den 1940er Jahren gegeben. Das sogenannte “Prostituiertenschutzgesetz” führt unserer Meinung nach zu Entmündigung, nicht zu Empowerment.”
Die Vorzeige-Feministin der Republik, Alice Schwarzer, hat unfreiwillig einen Anstoß zur Gründung des BesD geliefert mit ihrem Appell gegen die Prostitution. Ihrer Ansicht nach fördert das Prostitutionsgesetz die moderne Sklaverei. Aus Protest vereinten sich die Gründungsmitglieder des BesD. Sie stammen aus allen Ecken Deutschlands, von Bayern bis Berlin. Als Reaktion auf Schwarzers Appell veröffentlichte der Verband kurz nach seiner Gründung den “Appell für Prostitution, für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen in der Sexarbeit.”
Die Gründung des BesD und der Appell wurde von vielen verschiedenen Seiten begrüßt. Unter anderem sprachen sich die Deutsche Aidshilfe, die Gewerkschaft ver.di, Bündnis 90/Die Grünen, die Piratenpartei, die Linke, Hydra und Madonna öffentlich für den Verband aus. Auch das Feministische Institut Hamburg begrüßte die Gründung und Zielsetzung des BesD.
Im Herbst 2014 veranstaltete der BesD seinen ersten Kongreß mit rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das Magazin Der Spiegel und CSU-Politiker haben angesichts geringer Zahlen öffentlich bezweifelt, daß der BesD tatsächlich die Mehrheit der deutschen Sexarbeiter vertritt.
Dennoch pochen die Mitglieder des BesD darauf, in die politische Diskussion eingebunden zu werden. Sie wollen dem Ruf nach einer gesellschaftlichen Ächtung der Prostitution entgegenwirken, Schluß machen mit der Doppelmoral und einer drohenden Rückkehr zu Kriminalisierung. Sie fordern das Recht auf Straße statt Verdrängung in Industriegebiete, das Recht auf Arbeit und gesellschaftliche Akzeptanz statt moralisierender Verbotsmentalität und die Normalisierung der Sexarbeit statt Meldepflicht und strafrechtliche Regelungen.
Die Arbeit des BesD zeigt, daß Sexarbeiter entschlossen sind, ihre Rechte einzufordern. Sie wollen endlich als professionelle Dienstleister anerkannt werden und fordern den ihnen zustehenden Respekt der Gesellschaft.