Das Sexkaufverbot: Wie stehen CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP, AFD, Linke und BSW zum „nordischen Modell“?
Laut einem Artikel im Merkur haben 26 % aller deutschen Männer mindestens einmal in ihrem Leben für Sex oder sexuelle Handlungen die Leistungen von Prostituierten in Anspruch genommen. Ende 2022 waren in Deutschland 28.280 Prostituierte gemeldet, die Zahl der Laufhäuser wird auf zwischen 60.000 und 90.000 geschätzt. Die Dunkelziffern dürften jeweils nochmals deutlich höher liegen. „Deutschland hat sich zum Bordell Europas entwickelt“, beklagt die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Dorothee Bär, in einem Beitrag der Frankfurter Rundschau aus September 2023. „Wir brauchen dringend einen Paradigmen-Wechsel: ein Sexkauf-Verbot in Deutschland“, so Bär weiter. Dorothee Bär gilt als Fürsprecherin des nordischen Modells, dass die Käufer von sexuellen Dienstleistungen bestraft – und nicht die Prostituierten.
In Deutschland gilt seit 2002 das Prostitutionsgesetz, dass die Prostitution als normales Gewerbe aus der Sittenwidrigkeit herausholte. 2017 wurde das Prostituiertenschutzgesetz zusätzlich entwickelt. Dieses macht vor allem gewerberechtliche Vorgaben: Betriebserlaubnisse für Bordelle, Anmeldepflicht für Prostituierte, verpflichtende Gesundheitsberatungen und Notrufsysteme dort, wo Prostituierte arbeiten. Einer Studie zufolge haben die deutschen Gesetze aber vor allem bewirkt, dass die Stellung der Bordellbetreiber, der Freier und der Sexindustrie gestärkt wurde.
CDU/CSU: Klare Befürworter des Sexkaufverbots
Für die CDU ist „das Ziel, die Prostitution als einen normalen Beruf zu etablieren, [ …] gescheitert“, so ein aktuelles Positionspapier der Partei.
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag befürwortet ein Sexkaufverbot nach dem sogenannten Nordischen Modell. Dieses Modell, das bereits in Ländern wie Schweden, Norwegen und Frankreich implementiert wurde, kriminalisiert den Kauf sexueller Dienstleistungen, während die Sexarbeiter*innen straffrei bleiben. Ziel ist es, Menschenhandel, Zwangsprostitution und sexuelle Ausbeutung effektiver zu bekämpfen.
In ihrem Positionspapier fordert die CDU/CSU einen Paradigmenwechsel in der Prostitutionsgesetzgebung. Kernpunkte sind Präventions- und Bildungsprogramme, verstärkte Aufklärung über Menschenhandel und Zwangsprostitution sowie Unterstützung beim Ausstieg aus der Prostitution. Die Strafverfolgung soll durch spezialisierte Polizeieinheiten und eine bessere Überwachung entsprechender Internetplattformen und Foren erleichtert werden. Die Union will unter anderem eine allgemeine Freierstrafbarkeit einführen und den Kauf sexueller Dienstleistungen im Grundtatbestand als Vergehen ahnden.
Die Frauen Union der CDU Deutschlands betont, dass mehr als 90 Prozent der Prostituierten in Deutschland unter Zwang und Gewalt leiden und fordert deshalb ein Sexkaufverbot, um diesen Frauen besser helfen zu können. Dieses Verbot soll auch dazu beitragen, dass Deutschland nicht länger als „Bordell Europas“ wahrgenommen wird. Seit der Legalisierung der Prostitution im Jahr 2002 habe sich die Situation der Betroffenen nicht verbessert, sondern teils sogar verschlechtert.
Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt hat die CDU in ihrem neuen, am 7.Mai 2024 auf ihrem 36. Parteitag verabschiedeten Grundsatzprogramm einen neuen Passus hinzugefügt:
„Sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel und Prostitution sind mit der Würde von Menschen nicht vereinbar. Deshalb unterstützen wir ein Sexkaufverbot und Hilfen beim Ausstieg aus der Prostitution.” (Grundsatzprogramm, Seite 18)
SPD: Der Kanzler ist offen für ein Sexkaufverbot, die Partei nicht
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigt sich offen für ein Sexkaufverbot und betont, dass es moralisch nicht akzeptabel sei, wenn Männer Frauen kaufen. Er argumentiert, dass Prostitution oft mit Missbrauch, Gewalt und kriminellen Strukturen verbunden ist und daher zurückgedrängt werden müsse. „Ich finde es nicht akzeptabel, wenn Männer Frauen kaufen. Das ist etwas, was mich moralisch immer empört hat“, sagte Scholz während einer Fragestunde im Bundestag. Trotz dieser Position lehnte die Bundesregierung bislang ein vollständiges Verbot ab und verweist auf die laufende Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes, das bis 2025 überprüft wird.
Die SPD will die rechtliche Lage von Prostituierten verbessern und sieht die Notwendigkeit, gegen den Missbrauch und die Ausbeutung vorzugehen. Scholz betont: „Prostitution darf nicht als Normalität akzeptiert werden“. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier begrüßt den Beschluss der Union in Sachen nordisches Modellt: „Das ist die erste Partei im Deutschen Bundestag, die sich klar für die Einführung des Nordischen Modells in der Prostitution einsetzt. Das gibt mir auch Hoffnung für eine konkrete Positionierung der Parteien zur Bundestagswahl 2025“, sagte Breymaier.
Die Politikerin aus Württemberg setzt sich seit Jahren für eine einseitige Kriminalisierung ein, die Freier bestraft, nicht aber die Prostituierten. Für Breymeier wäre “eine Welt ohne Prostitution” der Idealzustand. Innerhalb der SPD steht sie mit ihrer Meinung allerdings isoliert da, ihre Ansichten entsprechen nicht der offiziellen Parteilinie. Im Positionspapier der SPD steht klar und deutlich: “Ein Sexkaufverbot lehnen wir derzeit ab.”
FDP: Gegen das Sexkaufverbot, für eine verbesserte Situation der Prostituierten
Die FDP steht dem Sexkaufverbot ablehnend gegenüber. „Eine effektive Verbesserung der Zustände braucht nicht mehr Verbotsgesetze“, so die frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Nicole Bauer.
Auch Marco Buschmann (FDP) hat sich gegen ein Sexkaufverbot ausgesprochen. Für Buschmann ist es das Wichtigste, “dass jedwede Ausübung von Zwang gegen Prostituierte” unterbunden werde, „auch mit Mitteln des Strafrechts“, so der Politiker..
In einem Antrag forderte die Partei bereits 2021 von der Bundesregierung, eine “Strategie zu erarbeiten, welche die Situation von Prostituierten verbessert und ihre Grund- und Menschenrechte gewährleistet. Menschenhandel und sexueller Ausbeutung müsse Deutschland konsequent Einhalt gebieten und international eingegangenen menschenrechtlichen Verpflichtungen wie etwa der Istanbul Konvention vollumfänglich nachkommen.”
Die Grünen: Fokus auf Rechte und Schutz für Sexarbeiter:innen
Die Grünen halten einen breiteren Ansatz zur Regulierung der Prostitution und die Umsetzung und Überprüfung dieser Regelungen für notwendig. Dabei ist das Ziel der Partei, die Rechte der Prostituierten zu stärken – nachzulesen im Beschluss der Grünen zum Prostitutionsschutzgesetz.
Die Grünen lehnen ein generelles Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell ab. Stattdessen setzen sie auf Maßnahmen wie ein eigenes Prostitutionsstättengesetz zur Regulierung von Prostitutionsstätten als Gewerbebetrieb. Auch eine Erlaubnispflicht im Prostitutionsstättengesetz mit Mindestanforderungen an soziale und hygienische Standards oder die strikte Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie, der Europaratskonvention sowie der EU-Richtlinie gegen Menschenhandel mit Verbesserungen beim Aufenthaltsrecht und Erwerbsmöglichkeiten stehen auf der Agenda der Partei.
2021 hatte die Partei Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag für das Nordische Modell beim Bundesparteitag abgelehnt. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Ulle Schauws, sprach sich gegen das Nordische Modell der Freierbestrafung aus. Prostitution würde dann in der Illegalität stattfinden, „ohne Möglichkeit für die Prostituierten, Schutz zu bekommen“.
AfD: Noch keine Position veröffentlicht – aber Ablehnung in Debatten erkennbar
In ihrem Grundsatzprogramm gibt die AfD die Richtung der Partei vor: “Wir wollen den Rechtsstaat stärken und dem Recht wieder zu einer konsequenten Durchsetzung verhelfen. Die AfD fordert daher einen „sicherheitspolitischen Befreiungsschlag“, um den Schutz der Bürger an erste Stelle zu setzen.” Konkreter hat sich die in Teilen rechtsextreme Partei noch nicht zu ihrer Position zum Sexkaufverbot geäußert – dies könnte sich aber auf dem Bundesparteitag der AfD von 29. bis 30. Juni 2024 ändern.
Im Februar 2024 sagte der Abgeordnete Thomas Ehrhorn gemäß Wikipedia-Eintrag in einer Stellungnahme für die Partei im Deutschen Bundestag, das Nordische Modell sei zwar “gut gemeint”, in der Umsetzung jedoch “absurd und untauglich”. Das Modell nehme an, Prostituierte seien immer Opfer und ihre Kunden ausnahmslos Täter und sei damit zu undifferenziert. Das gewünschte Ziel, Prostitution abzuschaffen, sei so nicht zu erreichen. Vielmehr verlege das Modell den Strafverfolgungsschwerpunkt von Menschenhändlern und Zuhältern auf die Kunden der Prostituierten, die lediglich eine Dienstleistung in Anspruch nehmen wollten. Durch eine Kriminalisierung der Käuferseite werde “Prostitution in die Illegalität gedrängt und die Arbeit für die Prostituierten gefährlicher”. Außerdem sei ein „dramatischer Anstieg der Vergewaltigungsrate” zu erwarten.
Der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner, antwortete auf abgeordnetenwatch.de auf die Frage, wie die AfD zur Prostitution stehe: “Soweit ich weiß, hat die AfD sich bisher so gut wie gar nicht zu dem Thema Prostitution geäußert.” Man werde sich aber “mit dieser Frage sicher noch eingehender in laufenden Gesetzgebungsverfahren befassen.” Für Brandner erscheint es aber “sinnvoll, einen gesicherten rechtlichen Rahmen zu vereinbaren und natürlich entschieden gegen Menschenhandel und Kinderprostitution vorzugehen.”
Die Linke: Klare Befürworterin des Nordischen Modells – es gibt aber Kritik aus den eigenen Reihen
Die Partei DIE LINKE plädiert für eine grundlegende Neuausrichtung der Prostitutionspolitik, In einer Strategiedebatte aus 2020 wird Prostitution als “Ausdruck patriarchaler Gewalt und Ausbeutung” bezeichnet. Zahlreiche Parteimitglieder kritisieren das seit 2002 bestehende Prostitutionsgesetz, da es “die letzte Bastion des Patriarchats” darstelle. “Nur im Bordell können Männer noch ein einseitiges „Recht auf Sex“ einfordern und willkürlich über Frauenkörper verfügen. Die Institution der Prostitution ist mit der Menschenwürde (GG Art. 1) unvereinbar”, so die Aussage innerhalb der Strategiedebatte.
DIE LINKE setzt sich für ein Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell ein, bei dem Freier strafrechtlich verfolgt werden, während Prostituierte nicht bestraft, sondern durch umfangreiche Unterstützungs- und Ausstiegsangebote geschützt werden. Argumentiert wird, dass ein solches Verbot die Nachfrage nach Prostitution reduziert und den betroffenen Frauen hilft, aus der Prostitution auszusteigen. Die Partei sieht in diesem Modell eine Möglichkeit, patriarchale Strukturen zu schwächen und den Schutz sowie die Rechte der Frauen zu stärken. DIE LINKE betont in der Strategiedebatte, dass eine effektive Prostitutionspolitik nicht nur strafrechtliche Maßnahmen gegen Freier, sondern auch umfassende soziale und wirtschaftliche Hilfen für Prostituierte umfassen muss, um diesen einen würdigen und sicheren Ausstieg zu ermöglichen.
Völlig konträr zur Ausrichtung der Partei hingegen argumentiert DIE LINKE Queer, ein Zusammenschluss im Umfeld und innerhalb der LINKEN aus überwiegend Lesben, Schwulen, Transsexuellen, Transgender, Bi- und Intersexuellen.
DIE LINKE Queer lehnt das Sexkaufverbot entschieden ab und argumentiert damit, dass es die Lage von Sexarbeiter:innen deutlich verschlechtern würde. Die Arbeitsgemeinschaft kritisiert die Kriminalisierung als “ideologisch und kontraproduktiv”. Stattdessen fordern sie eine lösungsorientierte Politik, die die Sicherheit und Interessen von Sexarbeiter:innen in den Vordergrund stellt. Die Linke queer setzt sich für menschenrechtsbasierte Ansätze ein, die auf sichere Arbeitsbedingungen, Zugang zu Gesundheitsdiensten und soziale Sicherung abzielen, und verurteilt Einschüchterungsversuche gegen kritische Sexarbeiter*innen.
Bündnis Sahra Wagenknecht: Noch keine Positionierung bekannt
Die neue Partei von Sahra Wagenknecht, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), hat sich bisher nicht zum Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell positioniert. Bisherige Aussagen und Diskussionen im Rahmen der Partei deuten jedoch darauf hin, dass die BSW eher skeptisch gegenüber einem allgemeinen Sexkaufverbot eingestellt ist.
Allerdings: Die ehemalige Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte laut Deutschlandfunk, dass “die Ampel-Regierung trotz zahlreicher Krisen in der Welt planlos” sei. In den Augen von Wagenknecht habe die Bundesrepublik „die wohl schlechteste Regierung ihrer Geschichte“. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Wagenknecht den konservativen Positionen der CDU/CSU folgen könnte und ein Sexkaufverbot mit ihrer Partei unterstützt, um sich klar gegen die aktuelle Regierung abzugrenzen.
Die Partei arbeitet noch an ihrem ausführlichen Programm, das bis zur nächsten Bundestagswahl in enger Abstimmung mit Experten entwickelt werden soll. In diesem Zusammenhang wird auch das Thema Prostitution und mögliche gesetzliche Regelungen weiter konkretisiert werden.
Wir empfehlen, regelmäßig bei abgeordnetenwatch.de reinzuschauen. Hier wurde Sahra Wagenknecht bereits im März die Frage nach ihrer Position zum Sexkaufverbot gestellt, eine Antwort der Politikerin ist zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrages leider noch nicht erfolgt.
Was ist das nordische Modell eigentlich?
1999 führte Schweden im Zuge eines Gesetzespakets gegen Gewalt ein Frauen das sogenannte „Kvinnofrid-Gesetz“ ein. Als erstes Land setzte Schweden damit auf eine asymmetrische Kriminalisierung der Prostitution. Die Personen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, werden gemäß des „nordischen Modells“ nicht bestraft, die Inanspruchnahme entgeltlicher sexueller Dienstleistungen jedoch schon. Neben der Bestrafung der Freier beinhaltet das in Schweden eingeführte Gesetz auch die Bestrafung der Vermietung von Arbeits- und Wohnräumen an Prostituierte, die Vermittlung sexueller Dienstleistungen und die gemeinsame Arbeit von Prostituierten. Mit dem Gesetz versucht die Regierung Schwedens, die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen zu reduzieren – mit ziemlich großem Erfolg. Nach einer Evaluierung durch ein unabhängiges Komitee im Jahr 2008 wurde ein Rückgang der Straßenprostitution um 50 % erkennbar. Die Bereitschaft von Kunden, sich in der Öffentlichkeit einer Prostituierten zu nähern, hat aus Angst vor Bestrafungen deutlich abgenommen. Ein voller Erfolg des nordischen Modells also, den mittlerweile weitere Länder in ihre Gesetzestexte aufgenommen haben? Mitnichten! Denn einer Studie der schwedischen Gleichstellungsbehörde aus dem Jahr 2021 zufolge hat zwar die Straßenprostitution abgenommen, gleichzeitig stiegen aber die Angebote über Escort- oder Sugardating-Websites deutlich an.
Während Norwegen, Island, Kanada, Nordirland, Frankreich, Irland und Israel das Sexkaufverbot in unterschiedlichen Varianten bereits eingeführt haben, lehnten Finnland, Dänemark, Großbritannien, Spanien und die Schweiz entsprechende Modelle nach parlamentarischen Debatten ab. In Deutschland wird das nordische Gesetz von den Parteien kontrovers diskutiert, eine Entscheidung für oder gegen die Einführung eines Sexkaufverbotes in der Bundesrepublik ist aber nach den nächsten Bundestagswahlen zu erwarten.
Was wird am nordischen Modell kritisiert?
Das nordische Modell wird von unterschiedlichsten NGOs und Interessengemeinschaften in die Kritik genommen. Unter anderem wird dem Gesetz vorgeworfen, es verschlechtere die Arbeitsbedingungen der Prostituierten, löst mehr Polizeigewalt aus, sorgt für erhöhte Gefahr für Leib und Leben, stigmatisiert die Prostituierten und wäre auch nicht geeignet, die Nachfrage nach käuflichem Sex wirklich spürbar einzuschränken.
Verschlechterte Arbeitsbedingungen
Die NSWP, the Global Network of Sex Work Projects, sowie eine Studie der Regierung Nordirlands zeigen auf, dass sich die Situation von Prostituierten in Ländern, die das nordische Modell eingeführt haben, deutlich verschlechtert hat. Insbesondere die psychische Gesundheit der Prostituierten leidet unter den Arbeitsbedingungen, mit denen sich Sexarbeiter:innen durch die Kriminalisierung des Gewerbes auseinandersetzen müssen.
Polizeigewalt
Der Menschenrechtsorganisation Human Right Watch zufolge werden Prostituierte durch das Sexkaufverbot mehr und mehr dazu gezwungen, „im Geheimen“ und ohne das Wissen anderer ihrer Arbeit nachzugehen. Durch das Verdrängen der Prostitution aus der öffentlichen Wahrnehmung und gleichzeitig harten Sanktionen sind Sexarbeiter:innen vermehrt der Strafverfolgung ausgesetzt. Eine irische Studie erkennt darüber hinaus eine ansteigende Gefahr von Übergriffen von Polizeibeamten auf Prostituierte.
Erhöhte Gefahr für Leib und Leben
Eine französische Studie ergab, dass Sexworker:innen in Frankreich durch das Gesetz gezwungen werden, ihre Dienstleistungen in abgelegenen, gefährlichen Gegenden anzubieten. Dadurch steigt die Gefahr von Misshandlungen und sexuellen Übergriffen. Eine auffällige Häufung von Morden an Prostituierten ist gemäß den Autoren der französischen Studie ebenfalls direkt auf die Einführung des Sexkaufverbotes zurückzuführen.
Stigmatisierung
Cornelia Möhring, die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im deutschen Bundestag kritisiert, dass ein pauschales Sexkaufverbot die soziale Situation der Prostituierten nicht verbessere. Weiterhin stellt das nordische Modell gemäß Möhring einen „Generalangriff auf unsere sexuelle Selbstbestimmung“ dar.
Während Organisationen wie Terre des Femmes, die Coalition against Prostitution CAP International, das Netzwerk ehemaliger und aktiver Prostituierter (Ella) sowie die Deutsche Evangelische Allianz und der Katholische Deutsche Frauenbund sich für die Einführung eines Sexkaufverbotes aussprechen, sind die Gegner des nordischen Modelles ebenso zahlreich. Amnesty International,. Human Rights Watch, mehrere Dachorganisationen von Sexarbeitenden, die Deutsche Aidshilfe oder die Diakonie Deutschland lehnen eine Einführung des nordischen Modells ganz oder in Teilen ab.
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